Es war die erste Kulturveranstaltung seit Beginn der Corona-Zeit, die die Bücherei >>St. Martin<< in Waging am See endlich wieder veranstalten konnte. Zu Gast war Silke Aichhorn, eine der weltweit gefragtesten und vielseitigsten Harfenistinnen.
Lange Zeit vor der Corona-Krise hatte sie dem Team der Bücherei versprochen, nach Waging zu kommen. Die Musikerin, die sonst auf internationalem Parkett unterwegs ist, bevorzugt besonders die kleine Bühne für sich. >>Bei Soloauftritten kommt die Harfe viel schöner zum Tragen als im Orchester, und zum Publikum habe ich sehr viel Nähe<< erklärte Silke Aichhorn. Aber nicht nur musikalisch wurden die Besucher an diesem Abend verwöhnt, sondern Silke Aichhorn las zwischendurch einige Episoden aus ihrem Buch >>Lebenslänglich Frohlocken<<. Sie erzählte von ihren Erlebnissen und aus dem Alltag einer Harfenistin –schräg, lustig bis fast unglaublich –, die schließlich zur Erkenntnis führen, dass man sich das Leben einer Künstlerin eigentlich ganz anders vorstellt.
>>Man muss ein großer Idealist sein, um dieses Instrument zu spielen und vor allem zu transportieren<< stellte die Musikerin dem Publikum ihr Instrument vor. Ihre Harfe, ein Holzinstrument, stammt aus Amerika und wiege 40 Kilo, davon kostet aktuell ein Kilo 925 Euro. Die Harfe – ein komplexes Instrument, das mit System erlernt werden will und viel Kraft erfordert. Mit zunehmenden Alter verliere die Harfe an Wert und Spannkraft ->> genauso wie ihre Spielerinnen<<, weiß Aichhorn aus eigener Erfahrung…
Sie bevorzugt es mehr auf Beerdigungen zu spielen als auf Hochzeiten. Der Grund ist plausibel: Die Vorlaufzeit ist wesentlich kürzer. Allerdings gebe es Menschen, die vorab ihr Begrägnis planen und der Ort der geplanten Beerdigung wechsle dann schon mal öfters. Das erfordere Nerven aus Stahl und enorme Flexibilität, die von ihr als Harfenistin abverlangt würden. Warum sie sich das antut? >>Weil ich mir eine Pole-Position bei Petrus vormerken lassen will<<, lacht die Künstlerin, >>deshalb spiele ich auch absichtlich die Harfe und nicht die Flöte.>> Die außergewöhnliche Künstlerin gab in ihrer kurzweiligen Konzertstunde einen tiefen Einblick ins Dasein eines Musikers. Die Gäste durften einen gewissen >>Aha-Effekt<< mit nach Hause nehmen, die die Welt der Künstler begreiflicher werden ließ. Büchereileiterin Silvia Christensen bedankte sich für den wunderbaren Abend und statt Blumen gab es feine Schokolade für die Künstlerin, einer zweiten Leidenschaft neben ihrer Harfe.
Seit 2018 >>lockt<< Silke Aichhorn in ihrem Solo-Programm >>Lebenslänglich Frohlocken<<, bei dem sie Musik und Literatur auf eine gemeinsame Bühne bringt. Als Musiker sei es ein großes Privileg, dass man damit seinen Lebensunterhalt verdienen darf. Allerdings musste sie heuer bereits 44 Auftritte absagen.>>Als Freischaffende trifft es uns besonders hart, und es gibt im Moment so gut wie keine Hilfe speziell für Künstler, denn Kunst und Kultur gelten als nicht systemrelevant. <<Zumindest werde seit Beginn der Krise darüber gesprochen. Schon der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker hatte gesagt: >>Kultur ist kein Luxus, den wir uns leisten oder auch streichen können, sondern der geistige Boden, der unsere eigentliche innere Überlebensfähigkeit sichert.<< Brigitte Sojer